Unterm Strich: ONVIF

Ihr Kompass für den Feature-Dschungel. Von unseren Produktmanagern. Thema heute: ONVIF. Von Markus Hold

Anfangs belächelt, heute Industriestandard: Wie ONVIF die native Integration IP basierender Geräte abgelöst hat.

 

ONVIF, das Open Network Video Interface Forum, wurde 2008 von den drei IP-Kameraherstellern Axis, Bosch und Sony ins Leben gerufen. Ziel war es, standardisierte Schnittstellen für IP basierende Geräte der Sicherheitsbranche zu schaffen. Bis zu diesem Zeitpunkt war es für Kamerahersteller und Hersteller von Videomanagement-Systemen gleichermaßen aufwändig, die Kompatibilität zwischen ihren Geräten sicherzustellen. Üblicherweise musste der VMS-Hersteller quasi jede neu auf den Markt gekommene IP-Kamera mittels dedizierter Treiberprogrammierung in seine Software einbinden. Nicht alle VMS-Hersteller taten dies unentgeltlich. Entstanden sind daraus zum Teil bis heute noch verfügbare, seitenlange Kompatibilitätslisten. ONVIF startete mit dem Ziel, diesen Prozess zu eliminieren.

Schwieriger Beginn – Durchbruch mit Profile S

Es begann jedoch sehr zäh. Die ersten Implementierungen waren äußerst rudimentär und fehlerbehaftet – moderne Kamerafeatures wie hohe Auflösung und schnelle Bildwiederholrate konnten lange Zeit nicht genutzt werden. Viele Kamera- und VMS-Hersteller fuhren daher lange zweigleisig und implementierten zwar zögerlich die ersten ONVIF-Protokolle, führten jedoch weiterhin die individuelle Anpassung einzelner Kameratypen fort und bewarben diese mit dem Slogan „Native Integration“.

Mit dem ersten, Ende 2011 verabschiedeten sogenannten „Profile“, dem Profile S, waren erstmals verbindliche Standards für Videostreaming, Konfiguration, PTZ-Steuerung, Audio und Relaisausgänge festgelegt. Nach und nach implementierten Kamera- und VMS-Hersteller diesen Standard so, dass heute quasi alle gängigen IP-Kameras und Videomanagement-Systeme das Profile S fehlerfrei beherrschen. Die im Profile S festgelegten Funktionen decken die geforderte Funktionalität eines Standard-Videoüberwachungssystems hinreichend ab.

Auf dem Weg zum Industriestandard

Mit dem Profile G, das Mitte 2014 veröffentlicht wurde, wurden weitere Funktionen, insbesondere für Edge Storage, also für das Abrufen von Aufzeichnungen kamerainterner Speicher wie SD Karten, hinzugefügt. Ende 2018 wurde die Funktionalität für das Videostreaming mit Profile T noch einmal erweitert. Profile T unterstützt nun auch die Verwendung von H.264- und H.265 Kodierungsformaten, Bildeinstellungen und Alarmereignisse wie Bewegungs- und Manipulationserkennung. In den aktuellen Kamera- und Firmwareversionen namhafter Kamera- und VMS Hersteller ist dieses Profil ebenfalls weitestgehend implementiert. Mit den beiden Profilen A und C spezifizierte ONVIF weitere Schnittstellen in Richtung IP-basierenden Zutrittskontroll- und Alarmsystemen.

Profile-Baukastensystem

Nach einem etwas holprigen Start ist mit dem Baukastensystem der „Profiles“ mittlerweile ein De-facto Industriestandard entstanden, der die native Integration obsolet hat werden lassen. Die herstellerunabhängige Kompatibilität ONVIF-konformer Produkte bietet Errichtern und Anwendern die lösungsorientierte Flexibilität, die ihnen erlaubt, Produkte verschiedener Anbieter auszuwählen und zu einer passgenauen Lösung zusammenstellen. Standardisierte Überprüfungen der Schnittstellen garantieren Errichtern wie Anwendern, dass die mit dem jeweiligen ONVIF Profil verknüpften Funktionen tatsächlich unterstützt werden. Dies sorgt für Planungssicherheit und spart Zeit und Geld bei der Installation. Dank einer breiten internationalen Mitgliederbasis aus den Bereichen Kameratechnik, Video-Management und Zugangskontrolle sind Tausende ONVIF-konforme IP-Produkte erhältlich.